DETOX-ME

DETOX-ME ist ein Solo-Projekt über die zwanghafte Leidenschaft für das Tanzen,
mögliche Abhängigkeit und Risikoverhaltensweisen bei professionellen Tänzerinnen und Tänzern.

DETOX-ME wurde durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien im Programm NEUSTART KULTUR, Hilfsprogramm DIS-TANZEN des Dachverband Tanz Deutschland gefördert.

zwanghafte Leidenschaft versus

harmonische Leidenschaft

Die Umfrage

Tänzerinnen und Tänzer konnten freiwillig an einer Umfrage über das Verhältnis von professionellen Tänzerinnen bzw. Tänzern zum Tanz teilnehmen.
Die Umfrage war online verfügbar und lief über 11 Wochen. Sie wurde in den sozialen Medien und in professionellen Tanzzentren und -schulen in Berlin beworben. Insgesamt füllten 53 Tänzerinnen und Tänzer die Umfrage aus (48 weiblich, 4 männlich, 1 diverse). Die Teilnehmenden waren hauptsächlich im Bereich des zeitgenössischen Tanzes (31) aktiv, gefolgt vom klassischen Ballett (10), Modern (5), Hip-Hop (1) und anderen Stilen (6).

Der Fragebogen bestand aus 57 Elementen zu demografischen Informationen, der Passion Scale (Vallerand et al., 2003), der Exercise Dependence Scale-21 (Hausenblas & Downs, 2002) und einem Bereich über die Wahrnehmung von Verletzungen (Rivera et al., 2012). Die beiden Skalas wurden so angepasst, dass das Wort "Aktivität" durch die Wörter "Tanz/Tanzen/Training" ersetzt wurde.

Alle Daten wurden anonymisiert ausgewertet.

Die Ergebnisse zeigten, dass keine Tänzerin/kein Tänzer bei allen 6 Punkten im Zusammenhang mit zwanghafter Leidenschaft hohe Werte erreichte. Darüber hinaus erzielten 4 Teilnehmenden in Übereinstimmung mit der Skala zur Übungsabhängigkeit hohe Werte bei mehr als drei Abhängigkeitskriterien. Daher können sie als tanzabhängig bezeichnet werden.
Bezüglich der Wahrnehmung von Verletzungen sagte eine teilnehmende Person: "Mit diesem Zustand umzugehen, ist Teil des Jobs". Einer der vorgeschlagenen Punkte war: "Die Tanzkultur ermutigt die Tänzer, "durch den Schmerz hindurch zu gehen" und wieder voll in den Tanz einzusteigen, bevor die Verletzungen ausgeheilt sind". 31 Teilnehmenden stimmten dieser Aussage zu. Macht sich der Tanz die Kultur des Schmerzes zu eigen?

Literaturverzeichnis:

Hausenblas, H. A., & Downs, D. S. (2002). Exercise dependence: A systematic review. Psychology of Sport and Exercise, 3(2), 89–123. https://doi.org/10.1016/S1469-0292(00)00015-7

Rivera, D. C., Alexander, J. L., Nehrenz, G. M., & Fields, B. J. (2012). Dancers’ perceptions of injuries. Journal of Music and Dance, 2(1), 9–12. https://doi.org/10.5897/JMD11.006

Vallerand, R. J., Mageau, G. A., Ratelle, C., Léonard, M., Blanchard, C., Koestner, R., Gagné, M., & Marsolais, J. (2003). Les Passions de 1’Âme: On Obsessive and Harmonious Passion. Journal of Personality and Social Psychology, 85(4), 756–767. https://doi.org/10.1037/0022-3514.85.4.756

was Forschung sagt

Es wird weithin angenommen, dass man eine Leidenschaft für das Tanzen und das Performen haben muss, um als Tänzerin/Tänzer erfolgreich zu sein. Aber gibt es nur eine Art von Leidenschaft? Das dualistische Modell der Leidenschaft definiert zwei Arten: harmonische (HP) und zwanghafte (OP).

HP ist das Ergebnis einer autonomen Verinnerlichung. Das Individuum kann frei entscheiden, ob es sich an der Aktivität beteiligt oder nicht. Im Gegensatz dazu ist OP das Ergebnis einer kontrollierten Verinnerlichung und umfasst Aspekte wie Perfektionismus und Selbstwertgefühl und kann zu Essstörungen (EDs) führen.

In dieser Studie füllten 92 professionelle Tänzer (69 Frauen und 23 Männer, im Alter zwischen 19 und 35 Jahren) verschiedener Tanzstile freiwillig einen Online-Fragebogen aus.

Die Passionsskala, der Eating Attitudes Test (EAT-26), die Rosenberg-Selbstwert-Skala und das Perfektionismus-Inventar (PI) wurden verwendet (in ihrer ursprünglichen Form oder in modifizierter Form), um HP und OP, gestörtes Essverhalten und EDs, Selbstwert und perfektionistische Tendenzen zu analysieren und zu erkennen.

Literaturverzeichnis

Padham, Melissa; Aujla, Imogen (2014): The relationship between passion and the psychological well-being of professional dancers. In: Journal of dance medicine & science: official publication of the International Association for Dance Medicine & Science 18 (1), S. 37–44. DOI: 10.12678/1089-313X.18.1.37.

zum Referenzartikel

Tanz und die Kultur des Schmerzens

Müssen Tänzerinnen und Tänzer wirklich im Stillen leiden? Sind Verletzungen eine Bedrohung für obsessiv leidenschaftliche Tänzerinnen und Tänzer? Wie können verletzte Tänzerinnen und Tänzer mit dem starken Bedürfnis umgehen, trotz ihres Zustands zu trainieren und zu performen?

Eine Studie mit 81 Tanzstudentinnen und Tanzstudenten wurde durchgeführt, die von der Tanzabteilung der Universität von Quebec in Montreal rekrutiert wurden.

Dabei wurde festgestellt, dass leidenschaftliche Tänzerinnen und Tänzer zwar häufiger an chronischen Verletzungen leiden, sich aber keine Auszeiten nehmen, um die Heilung zu fördern und sich angemessen behandeln zu lassen. Menschen mit einer ausgeprägten obsessiven Leidenschaft (OP) verspüren einen inneren Druck und verlieren die Kontrolle über ihr Engagement in der Aktivität. Sie tuen es sich schwer, nach Hilfe und Präventionsmaßnahmen zu suchen.

Was kann Tänzerinnen und Tänzer davor schützen, sich zu verletzen? Eine positive Einstellung zum Tanz, eine gute Schlafqualität, soziale Unterstützung, Planung und Problemlösung können den Stress verringern und ihre physische Integrität langfristig fördern.

Literaturverzeichnis

Rip, Blanka; Fortin, Sylvie; Vallerand, Robert (2006): The Relationship between Passion and Injury in Dance Students. In: Journal of dance medicine & science : official publication of the International Association for Dance Medicine & Science 10 (1-2), S. 14–20.

zum Referenzartikel

“Ich werde dich jetzt enttäuschen:

Ich war schon wieder trainieren”

- Anonym -

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